Genossenschaftliches Wohnen im SteinPark

Gemeinsam bauen und leben

Thema des Monats: Dezember 2021

Es sind die letzten „freien“ Flächen im SteinPark, der einstigen Kaserne im Norden Freising. Bei der Vergabe der Grundstücke am nördlichen Ende des Quartiers geht die Stadt Freising neue Wege, um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen: Die Bauplätze sollen an eine Genossenschaft vergeben werden. Dabei wird das rund 8660 Quadratmeter große Areal nicht zum Höchstpreis verkauft, vielmehr soll das beste Konzept zu einem Festpreis den Zuschlag erhalten. Interessierte haben nun die Chance, sich zusammenzutun und ein Exposé mit ihren Ideen für eine Bewerbung zu erarbeiten. Voraussichtlich im Frühjahr 2022 werden die Grundstücke ausgeschrieben.

Steigende Miet- und Kaufpreise, anhaltend hohe Nachfrage an Wohnraum und die Notwendigkeit, dass von öffentlicher Seite der Wohnungsbau angekurbelt und finanziell gefördert wird: Kaum ein anderes Thema wird aktuell so intensiv diskutiert – auch in Freising. Damit beschäftigt sich ebenfalls der 2014 beschlossene Stadtentwicklungsplan „Heimat erhalten, Wachstum gestalten“.  Ein zentrales Anliegen lautet darin, ein differenziertes Wohnangebot für alle Bevölkerungsschichten und Preissegmente bereitzustellen. Der Fokus liegt weiterhin auf Stärkung der sozialen Vielfalt und einer vielgestaltigen Stadtgesellschaft. Außerdem sollen die künftigen Bewohnenden in die Planung einbezogen und gemeinschaftliche sowie innovative Wohnformen gefördert werden. Genossenschaften können einen wichtigen Beitrag leisten, diese Zielsetzungen zu erreichen.

Bezahlbarer Wohnraum mit sozialem Mehrwert

Wohnungsbaugenossenschaften gibt es seit mehr als 100 Jahren. Sie erleben in jüngster Zeit eine Art „Revival“ - aufgrund angespannter Wohnungsmärkte und einem unvermindert hohen Bedarf an bezahlbarem und sozialgerechtem Wohnraum. Die Prinzipien von Genossenschaften lauten Selbstverantwortung, Selbsthilfe und Selbstverwaltung. Menschen schließen sich zusammen und realisieren gemeinsam ihren Traum vom Wohnen in den eigenen vier Wänden. Der Bau des Hauses wird gemeinschaftlich über Genossenschaftsanteile finanziert. Die Genossenschaftsmitglieder sind sozusagen Vermietende und Mietende zugleich. Eine Genossenschaft ist demokratisch organisiert, jedes Mitglied ist stimm- und gleichberechtigt.

Im Mittelpunkt stehen das Wohl und die Interessen der Mitglieder. Genossenschaften agieren nicht renditeorientiert und spekulativ: Das erwirtschaftete Vermögen wird in laufende Kosten, Erhalt, Sanierung oder Modernisierung investiert. So wird langfristig preiswerter und sicherer Wohnraum geschaffen. Weitere Vorteile: Genossenschaften handeln partizipativ und gemeinschaftsbezogen; sie stärken eine solidarische Nachbarschaft durch gegenseitige Unterstützung und gemeinwohlorientierte Angebote wie Nachbarschaftscafé, Gemeinschaftsgarten, offene Werkstatt oder Hilfe bei der Kinderbetreuung und Einkäufen.

Das gemeinschaftliche Zusammenleben hat neben unmittelbaren Vorteilen für die Genossenschaftsmitglieder und die direkte Nachbarschaft außerdem positive Effekte für das gesamte Quartier, dessen sozialer Zusammenhalt gestärkt wird.

Platz für etwa 80 Wohnungen

Die Stadt Freising möchte diese gemeinschaftsorientierte Wohnform stärken. Gerade in einer wachsenden Stadt haben die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum und sozialer Stabilität im Quartier große Bedeutung. Eine Genossenschaft mit langer Tradition existiert in Freising bereits: die Wohnungsgenossenschaft Goldberg eG. An dieses gemeinschaftliche, generationenübergreifende, selbstbestimmte und selbstverwaltete Wohnen soll nun angeknüpft werden.

Daher möchte die Stadt die beiden letzten Baulose im SteinPark an eine Genossenschaft vergeben. Das am Nordrand der Siedlung gelegene Areal ist ausgesprochen reizvoll, umschlossen von einem grünen Band und bietet einen freien Blick auf die Wies. Auf diesem „Stadtbalkon“ können etwa 80 Wohnungen in fünf Gebäuden entstehen. Im Bebauungsplan ist eine einheitliche Höhe von fünf Geschossen festgelegt, wobei für die Häuser an der Emil-Berg-Straße bis zu vier Stockwerke möglich sind. Vorgesehen ist weiterhin eine gemeinschaftliche Tiefgarage unter der Bebauung, die über den bestehenden Kreisverkehr im Nordwesten angefahren wird.

Das beste Konzept wird ausgewählt

Bei der Vergabe des Grundstücks durch die Stadt ist das eingereichte Konzept ausschlaggebend: Nicht der am höchste erzielbare Preis, sondern das beste Konzept erhält zu einem Festpreis den Zuschlag. Dabei soll das ausgewählte Projekt eine hohe Qualität und einen Mehrwert für ganz Freising gewährleisten. Die Stadt verfolgt dabei folgende Ziele:

  • Es soll ein differenziertes Wohnungsangebot für alle Bevölkerungsschichten, Einkommensgruppen und Altersstrukturen geschaffen werden.
  • Entstehen sollen Angebote an das Quartier, die über das Projekt hinaus genutzt werden können und zur Vernetzung und Nachbarschaftsentwicklung beitragen.
  • Die zukünftigen Bewohner*innen sollen am Nutzungskonzept und der Gestaltung zur Förderung einer intakten Hausgemeinschaft und Identifikation mit dem Wohnumfeld beteiligt werden.
  • Ein großes Anliegen ist Nachhaltigkeit, insbesondere die Förderung einer alternativen Mobilität und eine ökologische Ausrichtung des Bauvorhabens unter Berücksichtigung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Freising.
  • Von dem Projekt soll ein städtebaulicher Impuls ausgehen, was die Qualität der Gebäude und Freiräume und einen ganzheitlichen Nutzen für die Stadtgesellschaft anbelangt.

Gruppe finden, Gruppe gründen

Aktuell haben nun Interessierte die Chance, sich zu vernetzen und zu einer Genossenschaftsinitiative zusammenzufinden. Möglich ist es ebenfalls, sich einer schon bestehenden Genossenschaft anzuschließen und für das Grundstück zu bewerben. Im Vorfeld hat die Stadt bereits eine digitale Informationsveranstaltung im Juli 2021 durchgeführt mit fast 100 Teilnehmenden. Weiterhin gab es Anfang Oktober 2021 ein Vernetzungstreffen direkt im SteinPark mit gut 60 Personen.

Interessierte haben aber weiterhin die Möglichkeit, Mitstreitende zu gewinnen oder sich bei einer Gruppe zu beteiligen. Dafür hat die Stadt eine digitale Pinnwand eingerichtet, um sich vorzustellen und Kontaktdaten zu hinterlassen. Der Link, um auf das öffentliche Padlet zugreifen zu können, wird auf Anfrage versendet. Die Mail-Adresse lautet genossenschaft@freising.de.  Über diese Mail-Adresse können sich Interessierte auch in eine Liste eintragen lassen, um über den jeweiligen Stand auf dem Laufenden gehalten zu werden. Aktuelle Informationen gibt es ebenso hier auf der Webseite, dort stehen außerdem die Präsentationsfolien des Infoabends sowie der Bebauungsplan „General-von-Stein-Kaserne“ zur Verfügung.

Wer noch unsicher ist und sich mit dem Thema genossenschaftliches Wohnen intensiver beschäftigen möchte, kann sich an die „mitbauzentrale münchen“ wenden: Diese bietet im Auftrag der Landeshauptstadt München kostenfreie Beratung auch im Umland an und verfügt weiterhin über eine Projektbörse, um Mitstreiter*innen für Genossenschaftswohnen im SteinPark zu gewinnen.

Die nächsten Schritte

Die Ideen zu Wohnen und Nachbarschaft können eingereicht werden, sobald die Stadt die Ausschreibung veröffentlicht. Das soll voraussichtlich im Frühjahr 2022 geschehen. Die Konzepte werden dann von einem Vergabegremium bewertet, das sich aus Politik und Sachverständigen zusammensetzt und eine Empfehlung an den Stadtrat ausspricht. An diese Entscheidung wird sich eine Reservierungsphase anschließen: Die Konzeptbausteine, Qualitäten und Architektur werden im Dialog mit der Stadt weiterentwickelt und münden dann in die eigentliche Planung.

Die Bereitstellung des Grundstücks im SteinPark bietet die Chance, an einem besonders schönen Fleck in Freising seine Vorstellungen von Bauen und Leben als Solidargemeinschaft zu verwirklichen. Das Projekt könnte darüber hinaus Vorbildcharakter für die Vergabe weiterer Wohnbauflächen im Stadtgebiet haben.


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