Wenn sich Kulturschaffende, Kulturunterstützende und Kulturinteressierte ein Stelldichein geben, dann steht der alljährliche Kulturempfang der Stadt Freising auf dem Programm. Am Freitag, 5. Juli 2019, strömten mehr als 200 Gäste in den Innenhof des neuen Evangelischen Gemeindezentrums, der sich als wunderbarer Ort erwies für ein beschwingtes Beisammensein mit Musik, einer szenischen Einlage und einem begeisternden Impulsvortrag zum Thema „Kultur – Künste – Heimat“. Mit dieser Veranstaltung bedankte sich die Stadt Freising bei ihren Kreativen.

Vielfalt der Freisinger Kulturlandschaft

Von der „bereichernden Vielfalt“ für das Kulturleben schwärmte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher nicht nur mit Blick auf die Gästeschar. Auch musikalisch spanne man einen großen Bogen mit „Mieke an the Boys“, der jungen Folkband um Mieke Neumann, die einen hervorragenden zweiten Platz beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ belegt habe, und mit traditioneller Blasmusik der Stadtkapelle Freising, „unserem Aushängeschild“. Wie „breit aufgestellt“ die hiesige Kulturlandschaft sei, illustrierte der OB an den zahlreichen Jubiläen des vergangenen Jahres: vom 300. Geburtstag von Placidus von Camerloher, 130 Jahre Sängerhort und 100 Jahre Zitherclub über 50 Jahre Familienmusik Meindl und 30 Jahre Altstadt Open Air bis hin zu zehn Jahren „Freysing Larks“ oder jeweils fünf Jahren KULTUR-gut, dem Singer- Songwriter-Duo „Apollon´s Smile“ und dem Chor „Anchora“. Diese Liste belege eine über Jahrzehnte hinweg betriebe Kulturtradition, der immer wieder Neues hinzugefügt werde, so Eschenbacher. Hubert Hierl, Kulturreferent des Stadtrats, äußerte sich begeistert vom „glücklichen Zusammenspiel von städtischer Kulturarbeit und den vielen Kulturschaffenden, die wir auch fördern“.

Bildergalerie Kulturempfang 2019

Verschiedene Heimatbegriffe

Hierl leitete dann zum Vortrag von Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler über, der mit dem Titel „Heimat heute – neues Leben in alten Mauern“ überschrieben war. Der Heimatbegriff, heute wieder in aller Munde, sei allerdings umstritten, sagte Hierl und beschrieb sein persönliches Heimatgefühl unter dem Applaus der Zuhörer*innen mit Freising über Bayern und Deutschland bis Europa. Göttler beleuchtete in seinem Kurzreferat zunächst die unterschiedlichen Heimatbegriffe: Der juristische beziehe sich auf das Heimatrecht, das sich die Bevölkerung im 18. Jahrhundert noch „teuer erkaufen“ mussten. Ende des 19. Jahrhunderts sei eine emotional-nostalgische Komponente dazugekommen, als Menschen wegen Überbevölkerung und wirtschaftlicher Not ihren Geburtsort verlassen mussten und das „Zurücklassen“ ein Heimatgefühl hervorgebracht habe.

„Baut Kultur und Künste in den eigenen Landstrich ein!“
Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler

Wir alle tragen viele Heimaten in uns

Dass es, wenn auch grammatikalisch nicht korrekt, Heimat im Plural gebe, machte Göttler an den Migrationsbewegungen seit 1945 deutlich. „Viele sind unterwegs und wohnen nicht mehr dort, woher sie stammen.“ So trage Jede und Jeder „viele Heimaten“ in sich. Was habe nun dieser „utopische Heimatbegriff“ mit Kunst und Kultur zu tun? Jede Kommune, so eine Antwort des Bezirksheimatpflegers, sei gut beraten, für ein aktives Kulturleben als wichtigen „soft skill“ zu sorgen: „Baut Kultur und Künste in den eigenen Landstrich ein!“, appellierte er – und rief zugleich die Kulturschaffenden auf, sich zu engagieren „und die Landschaft zu prägen“. Da die Menschen aus unterschiedlichen Regionen und Nationen stammten, „tragen sie im Herzen die Kunst, Kultur, Literatur, Musik und die Bilder aus ihren Heimaten und befruchten so unser Zusammenleben“, befand Göttler. Dies sei im Übrigen nicht neu, gerade Bayern habe sich in Architektur, Küche oder Sprache stets von Nachbarländern „inspirieren“ lassen, wusste der Referent.

Lauschiger Ort zum Feiern

Sein Fazit: „Heimat verändert sich und darf sich auch verändern, Heimat ist deshalb ein pluraler, offener und toleranter Begriff – auch wenn das einige nicht hören wollen.“  Den perfekten Rahmen für dieses mit großem Beifall quittierten Credo bot der Veranstaltungsort für den Kulturempfang. Hausherrin Pfarrerin Dorothee Löser berichtete, man habe sich über die Gestaltung des neuen Gemeindehauses viel Gedanken gemacht: „Es soll ein offenes, einladendes Haus sein“, ein Ort mit Räumen „für ganz unterschiedlicher Menschen“, für Einheimische wie für Menschen anderer Länder und Kulturen, für evangelische, katholische und Menschen andere Religionen. Und so lud Löser dazu ein, Ideen „für das Füllen der Räume“ an sie heranzutragen, „wenn Sie eine Idee, ein Kunst- oder Bildungsprojekt mit uns starten wollen“.

An diesem lauen Sommerabend genossen die Gäste zunächst einmal bei strahlendem Sonnenschein diesen lauschigen Ort mit seinem ruhigen Garten, die musikalische Untermalung von Stadtkapelle und „Mieke an the Boys“ – amüsierten sich über den Loriot-Sketch „Feierabend“ des Theater-Ensembles Opodeldok, ein Paradebeispiel für fehlgeschlagene Kommunikation in einer Ehe und Auftakt für einen fröhlichen Ausklang des Kulturempfangs.

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